kurz informiert

Von Müll zu Mehrwert: Neue Forschung verwandelt Abfall in Ressourcen

#Nachhaltigkeit

Illustration mit einer Person im Zentrum einer Spirale aus verschiedenen rezyklierbaren Gegenständen

Eine nachhaltige Industrie setzt auf geschlossene Rohstoff-Produkt-Kreisläufe: Ausgediente Produkte werden nicht entsorgt, sondern als Ressource für neue Erzeugnisse genutzt. Nun hat die Stiftung die Förderung von neun Projekten im Bereich Zirkularitätsforschung bewilligt.

Das "System Erde" steht unter zunehmendem Druck: Primärrohstoffe werden ausgebeutet, Treibhausgasemissionen steigen, die Biodiversität nimmt ab, und der Wasserverbrauch wächst weiter. Ein möglicher Ausweg aus dieser Entwicklung? Die Kreislaufwirtschaft – auch als "Zirkularität" bezeichnet. Ihr Konzept basiert auf der Rückgewinnung und Wiederverwendung von Rohstoffen aus Altprodukten, gemäß dem Prinzip: Reduce, Reuse, Recycle, Recover.

Mit der Förderinitiative "Zirkularität mit recycelten und biogenen Rohstoffen" unterstützt die Stiftung praxisnahe Forschungsprojekte, die auf geschlossene Rohstoffkreisläufe abzielen. Vorrangig richtet sich die Initiative an Forschende aus den Natur- und Technikwissenschaften. Bis zur Bewerbungsfrist am 1. März 2024 wurden 83 Förderanträge eingereicht, von denen nun neun Projekte eine Bewilligung erhalten haben. Drei dieser Vorhaben – mit Beteiligung aus Duisburg-Essen, Würzburg, Bremen und Freising – werden hier exemplarisch vorgestellt:

Biologisch abbaubare Alternativen zu Mikroplastik

Mikroplastik findet sich in der Landwirtschaft in vielen Produkten, etwa in der Beschichtung von Saatgut und Düngemitteln, wodurch es in die Umwelt gelangt. Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung biologisch abbaubarer Lipide als Ersatz für diese Beschichtungen. Die dafür benötigten Mikroorganismen können auf günstigen Abfallprodukten wie Rohglycerin – einem Nebenprodukt der Biodiesel-Produktion – wachsen. Das Forschungsteam will die Organismen und deren Wachstumsbedingungen optimieren, um eine wirtschaftliche "Biofabrik" zu schaffen, die biologisch abbaubare Lipide herstellt, Abfälle verwertet und Mikroplastik reduziert.
Projekt: HotCircularity − Harnessing thermophilic Archaea for production of biodegradable alternatives to microplastics from biodiesel waste byproducts (Prof. Dr. Bettina Siebers, Dr. Christopher Bräsen, Universität Duisburg-Essen; Prof. Dr. Oliver Spadiut, Technische Universität Wien, Österreich; rd. 1,4 Mio. Euro)

Geschlossener Recyclingkreislauf für Textilien

Nicht mehr für den Second-Hand-Markt geeignete Kleidung wird oft zu minderwertigen Textilien wie Putzlappen verarbeitet – oder verbrannt. Dabei enthalten Alttextilien wertvolle Rohstoffe wie Polyester, die wiederverwendet werden könnten. Um dies zu ermöglichen, wird ein industriell umsetzbares Recyclingverfahren benötigt, das wirtschaftlich tragfähig ist und eine positive Ökobilanz aufweist. Das Forschungsteam orientiert sich an bestehenden Recyclingprozessen für Kunststoffflaschen und entwickelt ein chemisches Verfahren zur Rückgewinnung hochwertiger Fasern aus Alttextilien, um so einen geschlossenen textilen Kreislauf zu realisieren.
Projekt: CloseT − Closing the recycling process of old used textile products (Dr. Hatice Malatyali, Süddeutsches Kunststoff-Zentrum (SKZ), Würzburg; Prof. Dr. Andreas Hartwig, Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen; rd. 1,1 Mio. Euro)

Infos über Fördermöglichkeiten

(Primär-)Rohstoffe werden zunehmend knapp. Bei ihrer Förderung und Verarbeitung wird die Erde durch Treibhausgasemissionen, Biodiversitätsverlust und Wasserverbrauch übermäßig belastet. Ein Wandel hin zu einem deutlich reduzierten Rohstoff-Fußabdruck ist gesellschaftlicher Konsens. Dieses Ziel verfolgt Zirkularität. Recycelte und biogene Materialien, verlängerte Produktlebensdauer, Aufarbeiten und Umfunktionieren sind der Schlüssel dazu.

Zur Förderinitative

Recycling von Kunststoffen aus geschredderten Automobilen

Gemäß einer EU-Verordnung müssen Kunststoffbauteile in Neufahrzeugen ab 2030 zu mindestens 25 % aus recyceltem Material bestehen. Automobilhersteller suchen nach Lösungen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Dieses Forschungsprojekt baut auf ein bereits etabliertes Recyclingverfahren auf, das hochreine Rezyklate aus Automobil-Schredderrückständen gewinnt – selbst wenn diese stark mit anderen Stoffen vermischt sind. Ziel ist die Optimierung der recycelten Kunststoffe, sodass sie hohe mechanische Anforderungen wie Verformbarkeit und Härte erfüllen. Zudem sollen sie keine unerwünschten Emissionen abgeben, um ihren Einsatz im Fahrzeuginnenraum zu ermöglichen.
Projekt: Closing the loop of complex post-consumer waste of end-of-life vehicles (ELV) to high quality automotive interior applications − Interior Loop (Dr. Martin Schlummer, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Freising; Dr. Matthias Brunnermeier, Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Holzkirchen; rd. 1,1 Mio. Euro)

Weitere bewilligte Projekte:

Textile Materials Designed for Circularity (teXirc) (Prof. Dr. Stefan Mecking, Universität Konstanz; Prof. Dr. Michael R. Buchmeiser, Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung, Denkendorf; Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg, RWTH Aachen; rd. 1,4 Mio. Euro)

ADMIRATION − Accelerated Discovery of Living Fiber-reinforced Mineral Composite Materials for Circular Construction (Prof. Martin Ostermann, Dr. Achim Weber, Universität Stuttgart; Prof. Dr. Wilfried Weber, INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien, Saarbrücken; rd. 1,4 Mio. Euro)

Plasma-assisted recycling of glass-fibre reinforced plastics (Dr.-Ing. Diego Gonzalez, Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie, Greifswald; Prof. Dr.-Ing. Dieter Bathen, Institut für Energie und Umwelttechnik (IUTA), Duisburg; Prof. Dr.-Ing. Martin Gräbner, Technische Universität Bergakademie Freiberg; rd. 1,4 Mio. Euro)

Bewilligungen aus dem Herbst 2024

Abfallvermeidung und Recycling sind wichtige Schritte auf dem Weg zu neuen, effizienteren und umweltschonenderen Produktionstechnologien. Um die bestehende Technologielücke zu schließen, fördert die Stiftung sechs neue Forschungsprojekte, bpsw. zur Verwertung von Abfällen aus der Geflügelproduktion oder mit Pflanzenschutzmitteln aus Reststoffen der Papierproduktion.

Zur Nachricht

MyPro − A Platform for Sustainable Mycelium Material Production using genetically engineered filamentous Fungi (Dr. Hannes Hinneburg, Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Potsdam; Dr. Gita Naseri, Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene, Berlin; rd. 1,3 Mio. Euro)

Utilization options for the mineral residue from phosphorus recovery as a secondary raw material in the building materials industry – REARRANGE (Prof. Dr.-Ing. David Montag, Prof. Dr. Peter Letmathe, Prof. Dr.-Ing. Anya Vollpracht, RWTH Aachen; rd. 1,4 Mio. Euro)

MagCycleAM − Resource and Energy Efficient Recycling and Additive Manufacturing of Nd-Fe-B Magnets (Prof. Dr. Ing. Oliver Gutfleisch, Technische Universität Darmstadt; Dr. Iliya Radulov, Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS, Hanau; Prof. Dr. Igor Lubomirsky, The Weizmann Institute of Science, Rehovot, Israel; rd. 1,1 Mio. Euro)

Mehr zum Thema