Ein Plädoyer für offene Grenzen: Opus Primum Buchpreis geht an Andreas Cassee für sein Werk "Globale Bewegungsfreiheit"
Der Preis für die beste wissenschaftliche Nachwuchspublikation geht in diesem Jahr an den Schweizer Philosophen Andreas Cassee für sein Erstlingswerk "Globale Bewegungsfreiheit". Die VolkswagenStiftung prämiert seine aktuelle Betrachtung von Einwanderungsbeschränkungen, Gerechtigkeitsprinzipien und individueller Selbstbestimmung mit dem mit 10.000 Euro dotierten Opus Primum Förderpreis.
Jeder Mensch sollte frei entscheiden können, in welchem Land er leben will, Einwanderungsbeschränkungen sind nur in Ausnahmesituationen zulässig. Diese kontroverse These vertritt der Philosoph Andreas Cassee in seiner wissenschaftlichen Nachwuchspublikation "Gobale Bewegungsfreiheit". Mit seinem Werk bietet er eine gut verständliche und anschauliche Einführung in die Migrationsethik und die Debatten der letzten 30 Jahre auf diesem Gebiet.
Cassee stellt die wichtigsten Positionen zur Frage des Rechts auf Migration in der deutsch- und englischsprachigen Literatur dar, setzt sie in Beziehung zueinander und diskutiert sie kritisch. Beispielsweise vergleicht er den Umgang vieler Staaten mit Einwanderungsbegehren mit Heiratsanträgen: Der Einwanderungswillige könne zwar darlegen, dass er eine "gute Partie" für den Staat sei. Dennoch stünden bei der Beantwortung des Antrags für die Staaten – wie bei einem echten Heiratsantrag – vor allem die eigenen Wünsche und Interessen im Fokus. Und viele sehen sich dabei nicht in der Pflicht, die (vermeintlichen) Wünsche ihrer Bürger unparteiisch gegen die der Einwanderungswilligen abzuwägen, lehnen den "Heiratsantrag" also einseitig ab.
Anschließend an die Analyse der in der Debatte gängigen Argumente für ein Recht, sich Migrationsbewegungen gegenüber zu verschließen, formuliert Cassee seine persönliche Einschätzung. Darin plädiert er für die globale Bewegungsfreiheit. In dieser ebenso aktuellen wie wichtigen Publikation dekonstruiert er die bekannten und aktuell mehr denn je propagierten Argumente gegen individuelle Selbstbestimmung über den eigenen Aufenthaltsort.
Für seine detaillierte und fundierte Analyse erhält Andreas Cassee den Opus Primum Förderpreis der VolkswagenStiftung für die beste wissenschaftliche Nachwuchspublikation 2017. Der Literaturpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird – zusammen mit dem NDR Kultur Sachbuchpreis – am 22. November 2017 zum siebten Mal bei einer festlichen Gala in Hannover in Schloss Herrenhausen verliehen. Das Preisgeld ist zur eigenen Weiterbildung im Forschungsfeld, dem Besuch von wissenschaftlichen Konferenzen oder zur Anschaffung von Literatur für Forschungsvorhaben gedacht.
Aus der Begründung der Jury:
"Andreas Cassee hat mit "Globale Bewegungsfreiheit" ein rechtsphilosophisch überzeugendes Plädoyer für offene Grenzen verfasst. Das Buch bringt die migrationsethische Debatte und die Frage "Was ist Globalität?" in neuer Weise auf die Tagesordnung. In einer klaren, eingängigen Sprache weicht der Autor keinem Gegenargument aus und zeigt nicht nur auf, was Philosophie als Disziplin leisten kann, sondern bezieht schließlich mit seiner auf die praktische Politik zielenden Schlussfolgerung klar und begründet Stellung. Ein intellektuell höchst gelungenes und lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt."
Biografische Daten:
Andreas Cassee (Jg. 1982, geb. in Zürich) ist promovierter Philosoph, seine Arbeitsschwerpunkte sind Migrationsethik, Steuergerechtigkeit sowie Komplizenschaft und Marktbeziehungen. Derzeit arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Bern in dem Projekt "Complicity in the Global Marketplace", gefördert vom Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Seine Promotion hat Cassee an der Universität Zürich zur Ethik der Migration abgelegt.
Bibliografische Angabe:
"Globale Bewegungsfreiheit – Ein philosophisches Plädoyer für offene Grenzen", Andreas Cassee; Suhrkamp Verlag Berlin, 2016; 282 Seiten, 17,00 Euro (24,50 sFr)
Medieneinladung zur Preisverleihung:
Die Preisverleihung findet am Mittwoch, dem 22. November 2017, um 19 Uhr in Schloss Herrenhausen in Hannover statt, zusammen mit der Verleihung des NDR Kultur Sachbuchpreises an Magnus Brechtken ("Albert Speer. Eine deutsche Karriere"). Medienvertreter(innen) sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen. Eine formlose Anmeldung wird erbeten an presse@volkswagenstiftung.de.
Hintergrundinformationen zum Förderpreis Opus Primum:
Mit dem Förderpreis Opus Primum möchte die VolkswagenStiftung den wissenschaftlichen Nachwuchs stärken und unterstreichen, dass Wissenschaftsvermittlung für die deutsche Forschung eine zentrale Aufgabe ist. Die Auszeichnung wird seit 2011 jährlich für eine deutschsprachige Publikation von hoher wissenschaftlicher Qualität vergeben, die gut lesbar geschrieben und auch einem breiteren Publikum verständlich ist.
Der Beirat von Opus Primum (alphabetische Reihenfolge):
Dr. Jutta von Campenhausen, Wissenschaftsjournalistin und Autorin, Hamburg; Prof. Dr. Gabriele Clemens, Professorin für Europäische Geschichte, Universität Hamburg; Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Hannover (Vorsitz); Dr. Ulrich Kühn, leitender Redakteur, NDR Kultur, Hannover; Prof. Dr. Jürgen Renn, Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin; Christian Schwägerl, Wissenschaftsjournalist und Autor, Berlin; Prof. Dr. Caja Thimm, Professorin für Medienwissenschaft und Intermedialität, Universität Bonn; Prof. Dr. Christina Wessely, Professorin für Kulturgeschichte des Wissens, Leuphana Universität Lüneburg.
Link zu weiteren Informationen zum Förderpreis Opus Primum der VolkswagenStiftung.