Raum für Weiterentwicklung: Momentum-Förderung für Erstberufene
Die Initiative "Momentum - Förderung für Erstberufene" bietet Wissenschaftler:innen in einer frühen Phase nach Antritt ihrer ersten Lebenszeitprofessur die Chance, ihre Professur inhaltlich und strategisch weiterzuentwickeln. Im Gespräch erläutert Selahattin Danisman, Referent in der Förderabteilung, worauf es bei "Momentum" ankommt. Nächster Stichtag: 28. April 2025
Seit ihrem Start 2017 wird die Initiative "Momentum – Förderung für Erstberufene" stark nachgefragt. Gefördert werden Universitätsprofessor:innen drei bis fünf Jahre nach Antritt ihrer ersten Lebenszeitprofessur. Die Ausschreibung ist offen für alle Fachgebiete.
Das Angebot wendet sich an eine relativ kleine und vergleichsweise privilegierte Zielgruppe: Professor:innen. Haben die nicht ohnehin viel Gestaltungsspielraum, was die Ausrichtung ihrer Forschung anlangt? Welchen Bedarf deckt "Momentum" ab?
Selahattin Danisman: Dass das Konzept noch immer relevant ist, zeigt die Zahl der Anträge: rund 100 zu jedem Stichtag. Auch in Fachgesprächen wird uns nach wie vor bestätigt, dass die Community ein Angebot wie "Momentum" braucht. Der Gestaltungsspielraum von Professor:innen wird dort eingeschränkt, wo strategische Überlegungen von Hochschulen – zum Beispiel im Rahmen der Exzellenzinitiative – mit den eigenen Vorstellungen kollidieren. Aber auch dadurch, dass Förderer in der Regel nicht risikofreudig sind und lieber Geld an Projekte bewilligen, in der Professor:innen jahrelang Expertise aufgebaut haben. Eine substanzielle Weiterentwicklung der Professur in Methoden oder Forschungsinhalten begünstigt sowas aber nicht. In "Momentum" wollen wir dafür Raum schaffen.
Eine "substanzielle Weiterentwicklung" heißt: Hier geht es nicht um eine schlichte Projektförderung?
Richtig. Es geht hier nicht um die Förderung für ein weiteres Forschungsprojekt, sondern um die Eröffnung eines ganzen Feldes von Forschungsprojekten. Dafür braucht es eben nicht nur die üblichen Förderinstrumente, sondern ein Format wie "Momentum", wo man flexibel die Bedarfe der Gruppe betrachten kann und sich überlegt: Was brauche ich, damit ich in Zukunft andere Fragen beantworten kann als bisher?
"Momentum" ist fachoffen. Aber wie ist die Verteilung zwischen den Disziplinen?
Grob geschätzt werden zwei Drittel der Anträge zugunsten der Natur- und Lebenswissenschaften bewilligt, ein Drittel für die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften.
Sie sprechen von Flexibilität, aber Personalmittel für Promotionen sind ausgeschlossen?
Da in Momentum keine einzelnen Forschungsvorhaben gefördert werden, haben wir Mittel für Promotionen ausgeschlossen. Denn Doktorand:innen brauchen schon klar definierte Forschungsvorhaben, damit sie diese in der ihnen gegebenen Zeit auch bewältigen können. Außerdem ist so eine Weiterentwicklung einer Professur mit einem gewissen Risiko behaftet. Es kann auch schiefgehen. Und während ein:e Professor:in – Stichwort privilegierte Zielgruppe – das gut "wegstecken" kann, sind die möglichen Folgen für Doktorand:innen gravierender.
Gefordert wird von Antragstellenden ein Personalkonzept. Was hat es damit auf sich?
Personalkonzepte fordern wir inzwischen in allen Förderinitiativen, in denen man Mittel für Personal bekommen kann. In Momentum wird das nicht in der Skizzenphase, aber später beim Hauptantrag verlangt. Das geht zurück auf unsere große Studie "Wissenschaftskulturen" von 2023. Darin wird auch die Beschäftigung des wissenschaftlichen Personals kritisch unter die Lupe genommen. Dass 50-Prozent-Stellen in Projekten beantragt werden, aber erwartet wird, dass diese Personen 75 Prozent oder gar 100 Prozent arbeiten, ist keine Neuentdeckung. Aber die Stiftung hat daraus den Schluss gezogen, dass bei der Beantragung von Hilfspersonal sehr genau dargelegt werden muss, wofür diese Menschen eingesetzt werden und inwiefern sie durch die Einbindung für ihre wissenschaftliche Arbeit oder Karriere profitieren.
Aber das ist nicht die einzige Neuerung in "Momentum"?
Wir haben eine Reihe kleinerer Änderungen vorgenommen, die aber den Charakter der Förderung nicht ändern. Die wichtigste ist vielleicht, dass der Auswahlprozess nicht mehr drei, sondern zwei Stufen hat. In der ersten Stufe braucht es eine 90sekündige Videoskizze, das CV und eine Zusammenfassung des Vorhabens. Wer in dieser Stufe überzeugt, wird später zur Einreichung eines Antrags und zur Präsentation vor einem interdisziplinären Gutachtergremium eingeladen. Eine schriftliche Vorbegutachtung der Vollanträge – bisher der zweite Auswahlschritt – entfällt.
Warum dieser Schritt?
Als Fördermittelgeber ist uns bewusst, das Drittmittelverfahren viel Arbeit auf allen Seiten bedeutet: auf Seite der Antragstellenden, der Gutachter:innen und auf unserer. Ein mehrstufiger Auswahlprozess verteilt die Arbeitslast etwas gerechter: Diejenigen, die größere Chancen auf eine Förderung haben, haben in einem solchen Prozess auch mehr Arbeit, während der initiale Arbeitsaufwand in den Skizzen gering ist. Wir entspannen gewissermaßen das Verfahren, haben aber keine Qualitätsverluste. Und ein kleiner positiver Nebeneffekt: die Arbeit an den Vollanträgen fällt nicht mehr in den Sommer, was Antragstellenden mit schulpflichtigen Kindern entgegenkommen dürfte.