Neues Förderangebot: Alternde Gesellschaft in Europa
Das Programm "Herausforderungen und Potenziale für Europa" erhält einen neuen Fokus. Förderreferentin Dr. Annabella Fick erklärt, was sich warum ändert.
Ob wachsender Nationalismus, Klimawandel oder Migration und ihre Folgen: Die Herausforderungen für und in Europa sind in den vergangenen Jahren zahlreicher geworden. Mit ihrem Programm "Herausforderungen und Potenziale für Europa" (früher: Herausforderungen für Europa) will die VolkswagenStiftung Forschende dabei unterstützen, sich in internationalen Teams wissenschaftlich mit diesen auseinanderzusetzen. Dr. Annabella Fick betreut das Förderangebot bei der Stiftung und erklärt, welche Änderungen Antragsstellende erwartet und warum es dazu kam.
Wie integriert sich das Programm in die neue Förderstrategie, welche die Stiftung dieses Jahr veröffentlicht hat?
Fick: 2017 von uns gestartet, passt 'Herausforderungen und Potenziale für Europa' auch zukünftig sehr gut zur Förderstrategie. Deshalb wurde es nun noch einmal geschärft und im neuen Profilbereich 'Gesellschaftliche Transformationen' verankert. Mit welchen Herausforderungen setzt sich Europa im Inneren, aber auch im Zusammenspiel mit anderen global playern auseinander? Welches sind die transformativen Krisen, die Europa beschäftigen? Hier sehen wir viel Bedarf und wollen Impulse in die Forschungslandschaft geben.
Dies unterstreicht auch die Risikobereitschaft der Stiftung, denn die grenzüberschreitende Forschung mit mehreren Partnern ist nie ohne Risiko. In unseren Augen können wir an dieser Stelle aber auch besonders wirken, da wir als unabhängige Stiftung Projekte mit internationalen Partnern auf Augenhöhe ermöglichen können. Bei öffentlicher Drittmittelfinanzierung ist dies nicht immer ohne weiteres der Fall.
Im Juli ist der nächste Stichtag für das Förderangebot, welches sind die größten Änderungen zu früheren Ausschreibungen?
Nach drei themenoffenen Ausschreibungen in 'Herausforderungen für Europa' haben wir uns nun dazu entschieden, einen thematischen Schwerpunkt zu setzen: Zum nächsten Stichtag wünschen wir uns explizit Projektanträge, die das Thema 'alternder Kontinent' sowie die Herausforderungen und Potenziale, die sich dadurch für Europa ergeben, adressieren.
Dabei erhoffen wir uns ausdrücklich Projektanträge, die die volle Breite des Themas beleuchten: Das können Ansätze sein, die beispielsweise Migration aufgrund alternder Gesellschaft untersuchen oder lebenslanges Lernen. Nach wie vor richtet sich die Ausschreibung vor allem an Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften. Aber wir freuen uns, wenn neben ihnen als Leitwissenschaften die Fragestellungen interdisziplinär bearbeitet werden und beispielsweise die Expertise aus Informatik, Technik-, Lebens- oder Naturwissenschaften ergänzend hinzukommt, wo dies Sinn ergibt.
Warum hat die Stiftung sich entschieden, dieses Mal ein Schwerpunktthema zu setzen?
Das hat zunächst mit der neuen Förderstrategie der Stiftung zu tun. Die Ausschreibung wurde neu verankert im Profilbereich 'Gesellschaftliche Transformationen', woraufhin es sinnvoll und wichtig war, ihr Profil noch besser zu schärfen und noch klarer die transformative Forschungsfrage in den Vordergrund zu stellen. In Expertengesprächen hat sich dabei das nun gewählte Thema 'der alternde Kontinent' als besonders passender Schwerpunkt herauskristallisiert.
Unsere Erfahrung aus den ersten drei Ausschreibungen hat diese Entscheidung zusätzlich verstärkt. Damals hatten wir bewusst kein Thema vorgegeben und dementsprechend breit und hoch war die Anzahl der eingehenden Anträge, was zu einer sehr niedrigen Bewilligungsquote führte. Nach diesen Erfahrungen und auch nach Rückmeldung unserer Gutachterinnen und Gutachter wollen wir nun gezielt einen Impuls setzen und erhoffen uns dadurch, dass von dieser Schärfung alle Beteiligten profitieren.
Mit wachsendem Populismus, erodierender Demokratie oder Flucht und Vertreibung bestimmen andere Themen häufiger die Debatte in und um Europa. Warum ist es ausgerechnet der Schwerpunkt 'alternder Kontinent' geworden?
Wir wollten mit unserer Wahl ganz bewusst eine emerging challenge adressieren, also eine bevorstehende Herausforderung, die bisher noch nicht so deutlich die Debatte in der Forschungslandschaft in Europa prägt, aber in unseren Augen Brisanz und Notwendigkeit besitzt. Auch haben wir durch Bewerbungen aus den ersten beiden Runden schon gesehen, dass es da Nachfrage zu dem Thema gibt.
Was bleibt im Hinblick auf die früheren Ausschreibungen gleich?
Unverändert bleibt für uns die europäische Perspektive besonders wichtig: es muss länderübergreifend gedacht werden. Dabei verstehen wir Europa im geografischen Sinne, nicht nur EU-politisch. Wichtig ist auch, dass die Projekte zukunftsgerichtet sind. Je nach Fragestellung können auch nicht akademische Akteure an Projekten beteiligt werden. Und auch die Wissenschaftskommunikation bleibt weiterhin ein wichtiger Punkt, den wir gern fördern.
Gibt es weitere Veränderungen innerhalb des Programms?
Ja, losgelöst von einem großen Projektantrag wird es zukünftig auch möglich sein, Förderung für eine Sommerschule zu dem Themenkomplex 'Herausforderungen und Potenziale für Europa' zu erhalten. Hier bleibt es jedoch dabei, dass die Anträge themenoffen erfolgen können und nicht an einem Schwerpunktthema ausgerichtet sein müssen.
Wie geht es nach dem Stichtag im Juli mit dem Förderangebot weiter?
Auch 2022 wird es eine weitere Ausschreibung geben. Ob diese erneut zu diesem Schwerpunktthema, einem anderen oder wieder themenoffen stattfindet, das entscheiden wir nach unseren Erfahrungen aus dieser Runde. Hier werden wir kritisch reflektieren, Rücksprache mit den Antragsstellenden genauso wie mit den Gutachtenden sowie Expertinnen und Experten halten und sehen, wie diese Ausschreibung wirkt.