Paul Ehrlich-Nachwuchspreis 2017 für Freigeist-Fellow Volker Busskamp
Dr. Volker Busskamp (TU Dresden) wurde für seinen Beitrag zur Gentherapie der Retinitis pigmentosa und für die Entwicklung künstlicher Nervenzell-Schaltkreise ausgezeichnet. Nobelpreisträger Prof. Dr. Harald zur Hausen überreichte den renommierten, mit 60.000 Euro dotierten Preis für biomedizinische Forschung am 14. März in der Frankfurter Paulskirche.
Seit nahezu einem Jahrzehnt arbeitet Dr. Volker Busskamp zu Retinitis pigmentosa, einer erblich bedingten Form der Blindheit. Der Biotechnologe, Neurowissenschaftler und Stammzellforscher wurde nun für seine außerordentlich anwendungsbezogene neurobiologische Forschung geehrt. "Busskamps Arbeiten sind ein gutes Beispiel für translationale Forschung, also für den schnellen Transfer von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung in die klinische Forschung", schreibt der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung in seiner Begründung für die Auszeichnung.
Gentherapiekonzepte für die Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa
Busskamps Forschungsarbeiten führten bereits zu klinischen Gentherapiestudien bei Retinitis pigmentosa. Diese Erbkrankheit verursacht in der Regel zunächst Nachtblindheit, im weiteren Verlauf folgt dann die Einschränkung des Gesichtsfeldes bis hin zur Blindheit. Bestimmte Sinneszellen in der Netzhaut, die sogenannten Stäbchen, sterben dabei durch eine Mutation ab. Die Stäbchen sind zuständig für das Sehen in der Dämmerung und bei Nacht. Im weiteren Verlauf der Krankheit verlieren auch die für das Sehen bei Tag und von Farben benötigten Sehzellen, die sogenannten Zapfen, ihre lichtempfindlichen Antennen. Die Zellen verlieren zunächst ihre Funktion und sterben dann allmählich ab.
Busskamp ist zusammen mit Botond Roska, M. D., Ph. D., vom Friedrich Miescher-Institut in Basel an drei Gentherapiekonzepten für die Erkrankung beteiligt. In einem dieser gentherapeutischen Ansätze fügten die Wissenschaftler ein fremdes, lichtsensitives Gen in die inneren Netzhautzellen blinder Mäuse ein. Diese Zellen, die normalerweise nicht als Sehzellen dienen, wurden damit zu künstlichen Sinneszellen. Die Wahrnehmung des Lichtes hat sich also von den defekten Sinneszellen der Netzhaut auf die innere Netzhaut verschoben. Bei der zweiten Gentherapie haben die Forscher die defekten Sinneszellen der blinden Mäuse direkt therapiert. Busskamp schleuste dafür ein lichtsensitives Gen in die funktionslosen, aber noch nicht degenerierten Zapfen ein und stellte dadurch die verlorengegangene Lichtempfindlichkeit wieder her. Das französische Startup-Unternehmen "Gensight" entwickelt diese Gentherapie für die klinische Versuche weiter.
Freigeist-Fellow seit 2014
Dr. Volker Busskamp wird seit 2014 als Freigeist-Fellow der VolkswagenStiftung gefördert (Forschungsprojekt "Functional Synthetic Human Neural Circuits") und ist Forschungsgruppenleiter am DFG Forschungszentrum für regenerative Therapien der TU Dresden (CRTD). Seine Forschung fokussiert auf künstliche Schaltkreise aus Nervenzellen, die er im Labor aus verschiedenen Nervenzelltypen zusammenfügt. "Diese künstlichen Schaltkreise sind wie kleine biologische Computer", erklärt der Nachwuchspreisträger. "Sie können als Modelle für Erkrankungen oder für die Grundlagenforschung genutzt werden." Busskamp gewinnt die Nervenzellen durch gezielte Differenzierung induzierter Stammzellen im Labor.
Der Nachwuchspreisträger will möglichst viele der 320 verschiedenen Nervenzelltypen zuverlässig herstellen können. "Wenn wir die an den einzelnen Differenzierungsprozessen beteiligten Faktoren kennen, können wir uns einen einzigartigen Werkzeugkasten für die Forschung zusammenstellen", sagt Busskamp. "Ein Schaltbrett für die Differenzierung sozusagen. Mit den aus den Nervenzellen zusammengefügten Schaltkreisen können wir sehr viel mehr über die Informationsverarbeitung und Informationsweiterleitung in den Nervenzellen lernen, als bisher." Einen ausführlichen Bericht zu Busskamps Forschung können Sie unserem Magazin Impulse 2015/2 entnehmen. Und in dem Interview "Heilen mit Stammzellen?" erläuterte der Wissenschaftler 2015, welches Forschungsziel er verfolgt. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie auch auf der Projektseite des CRTD.
Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
Der 2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis wird von der Paul Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an eine(n) in Deutschland tätige(n) Nachwuchswissenschaftler(in) verliehen, und zwar für herausragende Leistungen in der biomedizinischen Forschung. Das Preisgeld von 60.000 Euro muss forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer(innen) sowie leitende Wissenschaftler(innen) an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen Auswahlkommission.