Konzepte der Interdisziplinarität auf dem Prüfstand
Auf dem Symposium "Interdisciplinarity Revisited" diskutierten 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt den Mehrwert interdisziplinärer Ansätze in Forschung und Lehre.
Dass Interdisziplinarität weitaus mehr als ein Buzzword ist und sich die Beschäftigung mit der Vielfalt von Überzeugungen und praktizierten Konzepten wirklich lohnt, belegte das internationale Symposium "Interdisciplinarity Revisited", das am 3. und 4. Oktober 2019 im Berliner Humboldt Forum stattfand. In sieben Sessions stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen akademischen Hintergründen ihre Erfahrungen im interdisziplinären Kontext, ihre Wunschvorstellungen und kritischen Bedenken vor, jeweils gefolgt von lebhaften Debatten mit dem Plenum. So schilderte Michael Crow, Arizona State University, USA, seine Idee einer "new American university", bei der die Disziplinenstruktur zugunsten thematisch orientierter Schools, u.a. eine School of Sustainability, aufgebrochen ist, und rief zu einem "postdisciplinary awakening" auf. Rudolf Stichweh, Universität Bonn, machte dagegen auf den co-konstitutiven Charakter von Disziplinarität und Interdisziplinarität aufmerksam, die ohne einander nicht denkbar seien. Einen warnenden Finger vor einer zu enthusiastischen Begeisterung für Interdisziplinarität hob Uskali Mäki, Universität Helsinki, Finnland. Er machte auf die Gefahren einer möglichen Identitätseinbuße für die Disziplinen aufmerksam machte und warnte zudem davor, die Vorteile von Interdisziplinarität durch zu enge administrative Vorgaben zu verspielen.
In der Session "Global Issues as Challenges for Interdisciplinary Research" wurde deutlich, welche Bedeutung das Konzept der fächerübergreifenden Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen der Umweltforschung und der Digitalisierung bereits hat und wie wichtig es künftig für forschungsbasierte Lösungen sein wird. Sandra Bell, University of Durham, UK, stellte heraus, dass es ohne "high-bred scholars", die über naturwissenschaftliche und soziologische Kompetenzen verfügen, nicht gehen wird. Und Christine L. Borgmann, University of California, USA, zeigte auf, dass nicht nur ein offener Zugang zu Daten für alle Wissenschaftsbereiche notwendig ist, sondern auch die Einigung auf ein gemeinsames Verständnis der jeweiligen Daten.
Zu dem von der VolkswagenStiftung, der Humboldt Universität zu Berlin und der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss organisierten Symposium waren auch 23 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus aller Welt eingeladen, die in Kurzpräsentationen und Postern ihre interdisziplinären Dissertationsprojekte vorstellten: Sie kamen unter anderem aus Ägypten, Indien, Bhutan und Südafrika.