Integrationshilfe für geflohene Wissenschaftler(innen)

Um Wissenschaftler(innen), die nach Deutschland fliehen mussten, in ihr Projekt zu integrieren, können Geförderte der VolkswagenStiftung zusätzliche Mittel beantragen. Zehn geflüchtete Forscher(innen) sowie die Projektgruppen, denen sie sich angeschlossen haben, profitieren bereits von diesem Angebot.

Die VolkswagenStiftung unterbreitet seit Sommer 2016 geflohenen Forscher(inne)n eine Zukunftsperspektive. Entscheidend ist, dass ihr Vorhaben in ein bereits von der Stiftung gefördertes Projekt eingebunden wird. Ansonsten gilt: Ob Doktorand(in), Postdoktorand(in) oder etablierte(r) Wissenschaftler(in) – das Angebot steht grundsätzlich den Interessierten aller Wissensgebiete und Qualifizierungsstufen offen. Der finanzielle Rahmen einer Bewilligung im Modul "Zusatzförderung für geflohene Wissenschaftler(innen)" liegt bei maximal 200.000 Euro für eine Laufzeit von längstens drei Jahren; die Mittel lassen sich entsprechend dem Bedarf variabel einsetzen.

Neue Chance für zehn geflohene Wissenschaftler(innen)

Auflistung berühmter Flüchtlinge bei einer Flüchtlingsdemonstration in Melbourne am 27. Juni 2013. (Foto: Takver via flickr CC BY-SA 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)

2016 profitierten bereits sechs geflohene oder vertriebene Wissenschaftler(innen) von dem Angebot. Insgesamt 650.000 Euro bewilligte die Stiftung für deren Vorhaben innerhalb der Startphase dieser Fördermöglichkeit. So beschäftigt sich ein syrischer Forscher seit Ende 2016 in der Mittelalterabteilung des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Archäologischen Staatssammlung München mit innerhalb des Projekts "Deformierte Schädel - Bildliche Darstellung der Projektgegenstände und Ergebnisse" mit jahrhundertealten bildlichen Darstellungen antiker Schädel. In Frankfurt am Main, am Hessischen Institut für Friedens- und Konfliktforschung, arbeitet seit kurzem ein "refugee scholar", der "The socioeconomic dimension of Islamist radicalization in Egypt and Tunisia" – also die Dimension der islamischen Radikalisierung – in den Blick nimmt. Ebenso an der Universität Frankfurt am Main, am Institut für archäologische Wissenschaften, forschte ein syrischer Archäologe an "Syria Antiqua. Objekte und ihre Geschichten in der Numismatik".

Am Institut für archäologische Wissenschaften der Universität Frankfurt am Main forschte ein syrischer Archäologe im Bereich der Numismatik. (Foto: Philipp Reiss für VolkswagenStiftung)

Auch in die Bundeshauptstadt zog es gleich zwei "refugee scholars". Am Zentrum Moderner Orient Berlin und an der Freien Universität Berlin forschen sie an wichtigen Themenkomplexen: "Public Space for Peace and Contention: Maydeen ash-Shuhadaa (Martyrs' Square) Shaping Political and Social Spheres of the City of Tripoli, Libya", und "Making a New Home in Germany: How do Newly Arrived Arabic Refugee Youth Acculturate to Life in Germany?": Wie also gestalten sich derzeit die Räume für Friedensbemühungen einerseits, für Streit und Auseinandersetzung andererseits? Und was heißt es, als Flüchtling in der Fremde anzukommen und allmählich zu realisieren, dass das neue Zuhause statt eines vorübergehenden eines auf Dauer werden könnte? Mit Fragen der interkulturellen Verständigung ("Hermeneutic and Analytic Approaches to Explanation and Understanding") setzt sich ein weiterer geflüchteter Fachkollege an der Universität Duisburg-Essen am dortigen Zentrum für die Geisteswissenschaften auseinander.

Auch die Naturwissenschaften profitieren. So arbeitet unter dem Dach der Förderinitiative "Integration molekularer Komponenten in funktionale makroskopische Systeme" mittlerweile ein syrischer Chemiker als Doktorand in der Arbeitsgruppe von Privatdozent Dr. Lars Heinke im Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) am Karlsruher Institut für Technologie an "Smart Membranes". Neben diesen sechs konnten in den ersten Monaten des laufenden Jahres 2017 zwei weitere, jeweils mit 200.000 Euro geförderte Projekte von "refugee scholars" bewilligt werden: das Projekt "Exploring the electrophysiological markers of naturalistic social interactions" am Institut für Psychologie der Universität Düsseldorf, sowie das Projekt "Can Objects represent Home? Geteiltes Wissen zu den Syriensammlungen im Ethnologischen Museum Berlin" am Ethnologischen Museum in Berlin.

Zudem erhält ein Forscher, der zur Arbeiterbewegung zuletzt in der Türkei geforscht hat, die Möglichkeit, mithilfe der Zusatzförderung ein von der Stiftung bewilligtes Symposium mit dem Titel "Workers of the World – Exploring global perspectives on labour from the 1950s to the present" (28.-30. Juni, Hannover, Anmeldung noch möglich) zu begleiten und die gewonnen Erkenntnisse zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Die Veranstaltung wird vom Soziologischen Forschungsinstitut an der Universität Göttingen organisiert.

Hintergrund zum Förderangebot

Informationen zum Angebot und zur Antragstellung finden Sie unter "Zusatzförderung für geflohene Wissenschaftler(innen)".

Das Projekt "Making a New Home in Germany: How do Newly Arrived Arabic Refugee Youth Acculturate to Life in Germany?" an der FU Berlin ist Teil des Freigeist-Projekts von Dr. Patricia Kanngießer. (Foto: Mirko Krenzel für VolkswagenStiftung)