Im Fokus: Die Vermögensanlage der VolkswagenStiftung
Interview mit Dieter Lehmann, Leiter der Vermögensanlage der VolkswagenStiftung, über Rekordjahre, niedrige Zinsen, VW-Dividende und Anlagestrategie.
Vor wenigen Wochen hat die VolkswagenStiftung ihren neuen Jahresbericht vorgelegt und verweist auf das fünfte Rekordjahr in Folge: 2015 wurden 227 Mio. Euro für die Wissenschaftsförderung bewilligt, so viel wie nie zuvor. Wie wird es im laufenden Jahr weitergehen?
2016 wird leider kein weiteres Rekordjahr, so viel steht fest. Die Kürzung der VW-Dividende von 4,80 Euro im letzten Jahr auf aktuell 11 Cent hat bei rund 30 Millionen Aktien erhebliche Auswirkungen. Allerdings werden sich diese auf den Förderbereich im so genannten Niedersächsischen Vorab beschränken. Dort standen zuletzt 154 Mio. Euro zur Verfügung, vor allem aus VW-Dividenden. Diese Summe kam der Förderung von Wissenschaft in Niedersachsen zugute. Für das Jahr 2016 stehen, inklusive 10 % der übrigen Erträge, Sonderzahlungen und einmalig zu addierender Stornierungen, nur etwa 39 Mio. Euro zur Verfügung. Dieser Umstand ist sicher bedauerlich. Aber die Stiftung und ihre Vermögensanlage haben keinen Einfluss darauf, wieviel Dividende der VolkswagenStiftung für Förderung im Niedersächsischen Vorab zufließt.
Und wie ist die finanzielle Aussicht für die "Allgemeine Förderung", dem zweiten Handlungsfeld der Wissenschaftsförderung?
Dort können wir – auf der Grundlage von mehr als 3 Milliarden Euro anzulegendem Vermögen – weiterhin von stabilen Erträgen ausgehen. Im Moment gehen wir davon aus, dass 2016 etwa 70 Mio. Euro für neue Bewilligungen in der Allgemeinen Förderung verfügbar sein werden. Was die Finanzierung laufender Förderzusagen anlangt, so sind diese von Anfang an durch Rückstellungen gedeckt. Niemand, der eine Förderzusage der VolkswagenStiftung erhalten hat, muss sich also sorgen.
Woher nehmen Sie Ihren Optimismus für die finanzielle Entwicklung? Anderen Stiftungen, aber auch Banken und Versicherungen, verhageln die niedrigen, neuerdings sogar negativen Zinsen zunehmend die Bilanz ihrer Vermögensbewirtschaftung.
Die niedrigen Zinsen sind natürlich auch für die VolkswagenStiftung eine Herausforderung. Allerdings haben wir schon vor Jahren damit begonnen, uns dagegen zu wappnen. Verzinsliche Papiere machen zwar immer noch knapp die Hälfte des Anlagevermögens aus. Aber der Bestand an Bundesanleihen, der früher sehr groß gewesen ist, wurde schrittweise zum Beispiel durch höher rentierende Unternehmensanleihen ersetzt. Die andere Hälfte des Stiftungsvermögens ist in Sachwerte ohne Endfälligkeit investiert, zum Beispiel Aktien und Immobilien. Mit dieser Mischung erwirtschaften wir im langfristigen Durchschnitt jährlich 6 Prozent Rendite auf das Stiftungsvermögen. Aber das gelingt nur, wenn man als Stiftung bereit ist, die Anlagen sehr breit zu streuen und auch mal ein höheres Einzelrisiko in Kauf zu nehmen. Das tut die Stiftung, wie erwähnt, in überschaubarem Maße. Zudem wird über die Anlagestrategie immer wieder mit dem Vermögensbeirat der Stiftung beraten.
Können Sie grob skizzieren, welche Ziele die Abteilung Vermögensanlage verfolgt?
Uns sind drei Hauptaufgaben gestellt: erstens, wie schon dargelegt, Erwirtschaftung der finanziellen Mittel für die Förderung. Zweitens: realer Erhalt des Stiftungskapitals. Zu diesem Zweck können jährlich bis zu einem Drittel der so genannten ordentlichen Erträge, also Zinsen, Dividenden oder Mieteinnahmen, dem Kapitalstock zugeführt werden. Dieser wächst also nominal von Jahr zu Jahr, damit Kaufkraftverluste kompensiert werden. Die dritte Aufgabe: Deckung der laufenden Geschäftskosten, etwa für Ausstattung und Unterhalt der Geschäftsstelle hier in Hannover sowie die Gehälter für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
All das muss aus ordentlichen Erträgen finanziert werden?
Ja. Aber mit verzinslichen Papieren allein ließen sich diese finanziellen Vorgaben heute nicht mehr erfüllen. Deshalb ist die sehr breite Streuung der Anlagen, auch unter Risikoaspekten, das A und O der Stiftungsstrategie. So versuchen wir schon seit einigen Jahren, die reale Kapitalerhaltung vor allem über den Wertzuwachs der Sachanlagen zu erreichen. Das entbindet uns von der Notwendigkeit, ein Drittel der ordentlichen Erträge dem Kapital zuzuführen. Wir können diese Mittel dann zur Stabilisierung der Fördermittelhöhe einsetzen.
Wie ist Ihre Prognose für die Zukunft?
Ich hoffe natürlich wie viele Anleger auch, dass das Zinstal irgendwann einmal durchschritten sein wird. Aber wie auch immer: Die Anlagestrategie der Stiftung zeichnet sich durch einen sehr, sehr langen Anlagehorizont aus. Rückblickend hat die Stiftung mit dieser Haltung und ihrem breit gestreuten Portfolio noch jede Krise an den Finanzmärkten passabel gemeistert.
Die Fragen stellte Jens Rehländer, VolkswagenStiftung.
"Förderzusagen werden eingehalten" – Ein Interview mit dem Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Dr. Wilhelm Krull: Link zum Interview
Link zum Jahresbericht zum Download und als blätterbare pdf.