Feierliche Preisverleihung in Herrenhausen: Opus Primum an Manuel Menrath überreicht

Der Opus Primum Förderpreis der VolkswagenStiftung für die beste wissenschaftliche Nachwuchspublikation wurde an Dr. Manuel Menrath für sein Buch "Mission Sitting Bull: Die Geschichte der katholischen Sioux" überreicht. Im feierlichen Rahmen von Schloss Herrenhausen wurde auch der NDR Kultur Sachbuchpreis verliehen.

"Die bestehende Literatur über die Missionierung der Sioux-Indianer richtet den Blick immer von Ost nach West. Mir war es wichtig, dies umzukehren, einmal von West nach Ost zu blicken und zu fragen: Wie ist es für die Sioux gewesen, als "die bärtigen Männer" in ihr Land kamen?", berichtet Dr. Manuel Menrath. Der Gewinner des diesjährigen Opus Primum Förderpreises der VolkswagenStiftung zeigt mit seinem Werk "Mission Sitting Bull: Die Geschichte der katholischen Sioux", wie durch wissenschaftlich präzise Archivarbeit ein verborgenes geschichtliches Thema sichtbar gemacht und in die Öffentlichkeit gebracht werden kann. Er analysiert in seinem Buch die Missionierung der Sioux in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die einst als das kriegerischste Indianer-Volk Nordamerikas galten.

Dr. Manuel Menrath erhielt den Opus Primum Förderpreis überreicht durch Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung. (Foto: Sven Stolzenwald für VolkswagenStiftung)

Doch kaum jemand in Europa weiß, dass ein Großteil der Sioux dem katholischen Glauben angehört: Die Anführer Red Cloud (1822-1909) und Sitting Bull (ca. 1831-1890) lehrten die aus Europa einströmenden Siedler zunächst das Fürchten. Doch nachdem die US-Armee die Jagdgründe der Indianer endgültig besetzt hatten und die Büffel beinahe ausgerottet waren, mussten sich auch die letzten Widerstandskämpfer mit ihren Familien in Reservate begeben. Dort wurden sie von Geistlichen wie dem Schweizer Benediktiner-Mönch Martin Marty (1834-1896) missioniert und "zivilisiert". Während sich viele Sioux wie auch Red Cloud katholisch taufen ließen, hielt Sitting Bull an seinem traditionellen Glauben fest – und forderte damit Marty und seine Missionare immer wieder aufs Neue heraus.

Den Blick geweitet

Um nicht nur den eurozentrisch verengten Blick in den bestehenden literarischen Quellen aufzuarbeiten, führte Menrath während der Recherchen für seine Promotion viele Gespräche mit den Nachkommen der Sioux. "Sitting Bull war einer der Helden meiner Kindheit", berichtete er. Unter anderem befragte er den Enkel des Stammeshäuptlings und Medizinmanns der Hunkpapa-Lakota-Sioux. Menrath, der 1974 geboren wurde, begann erst im Alter von 30 Jahren, sich ernsthaft für Geschichte zu interessieren. "Da habe ich gemerkt, wie spannend Geschichte ist, wenn sie einen Gegenwartsbezug hat." Und so unterbrach Menrath nach mehrjähriger Tätigkeit als Sekundarlehrer im schweizerischen Beromünster diesen Karriereweg, um an der Universität Luzern die Fächer Geschichte, Philosophie und Religionswissenschaft zu studieren. Seit 2009 arbeitet er dort als Assistent für Neueste Geschichte am Historischen Seminar und wurde 2014 promoviert.

Manuel Menrath berichtete über seine wissenschaftlichen Recherchen und seine Leidenschaft für den Sioux-Häuptling Sitting Bull. (Foto: Sven Stolzenwald für VolkswagenStiftung)

Den Preis, der mit 10.000 Euro dotiert ist, erhielt Menrath für sein Opus Primum, also sein "erstes Werk". Es basiert auf den Inhalten seiner Dissertation und wurde aufgrund der ausgewogenen, objektiven und anschaulich formulierten Betrachtung dieses außergewöhnlichen Kapitels der amerikanisch-europäischen Geschichte ausgezeichnet. Dr. Gabriele Clemens, Professorin für Europäische Geschichte an der Universität Hamburg, würdigte in ihrer Laudatio, dass Menrath die Sioux als eigenständige Akteure und nicht als bloße Opfer ansieht. "Ihm gelingt es in außergewöhnlicher Weise, bei der Schilderung des Zusammenpralls dieser zwei Kulturen jegliche Schwarzweiß-Malerei zu unterlassen und die verschiedenen Grautöne, die das alltägliche Leben bestimmen, darzustellen", erläuterte Clemens. Auch die bislang wenig bekannten Versuche der Sioux zu Zeiten der Missionierung, die katholische Religion in ihre eigene, hochspezialisierte Kultur mit ausgeprägten Werten und Ritualen zu integrieren, habe Menrath anschaulich aufgezeigt.

Dr. Gabriele Clemens betonte die sachliche und vielschichtige Darstellung der Sioux-Missionierung in den USA. (Foto: Sven Stolzenwald für VolkswagenStiftung)

Galaabend im Zeichen des Sachbuchs

Neben der Verleihung des Opus Primum Förderpreises fand bei der feierlichen Abendveranstaltung im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen auch die Verleihung des NDR Kultur Sachbuchpreises statt. Er ging an den Autor Bruno Preisendörfer für sein Werk "Als unser Deutsch erfunden wurde". Teil des Abends war neben den Grußworten und Laudationes auch eine Talkrunde mit dem Thema "Das Sachbuch in postfaktischen Zeiten"; es diskutierten der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, die Autorin und Publizistin Hilal Sezgin, der Chefredakteurs der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Hendrik Brandt, sowie der Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Dr. Wilhelm Krull. Die Podiumsgäste fragten nach dem Stellenwert des Sachbuches heute und nach seinem Publikum. Ein Problem sei, wie man auch solche Zielgruppen mit wissenschaftlich fundierten und belegten Informationen erreichen könne, die heute über die klassischen Medien und Literatur nicht (mehr) oder über die neuen Medien (noch) nicht erreicht werden.

Bibliografische Angaben

Manuel Menrath: Mission Sitting Bull. Die Geschichte der katholischen Sioux, Paderborn 
Verlag Ferdinand Schöningh, 2016; 373 Seiten mit 50 s/w Abb.; 39,90 Euro (48,70 CHF)

Bruno Preisendörfer: Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit 
Verlag Galiani-Berlin, 2016; 496 Seiten; 24,99 Euro

Tina Walsweer

Das Sachbuch und die Bildung in unserer Gesellschaft standen im Fokus der prominent besetzten Podiumsdiskussion. (Foto: Sven Stolzenwald für VolkswagenStiftung)