Bündnis "Kunst auf Lager" zieht Bilanz

Die Bündnispartner von "Kunst auf Lager" haben innerhalb des letzten Jahres 3,9 Mio. Euro an Fördergeldern für Forschungs- und Erhaltungsprojekte in Museen in ganz Deutschland bewilligt.

Aus Anlass seines einjährigen Bestehens hat "Kunst auf Lager", ein Bündnis zur Erschließung und Sicherung von Museumsdepots, jetzt seine zweite Bilanz vorgelegt: Insgesamt flossen in den vergangenen 12 Monaten rund 3,9 Mio. Euro in Projekte, die sich der Rettung und Erforschung verborgener Schätze in öffentlichen Sammlungen verschrieben haben. Damit können 34 Vorhaben in den Bereichen Restaurierung, Konservierung, Inventarisierung und Forschung unterstützt sowie Baumaßnahmen und Verbesserungen der Infrastruktur in Museumsdepots ermöglicht werden. Die Fördersummen stellen die Bündnispartner im Rahmen individueller Programme bereit, zu denen auch die VolkswagenStiftung mit ihrer Förderinitiative "Forschung in Museen" zählt. Die VolkswagenStiftung engagiert sich zum Beispiel – ebenso wie die Ernst von Siemens Kunststiftung – für das Forschungsprojekt Sammlungen erhalten, welches die Auswirkung klimatischer Bedingungen auf Exponate und Gebäude untersucht. Die Ergebnisse des Projekts wollen die geförderten Wissenschaftler Ende 2015 vorstellen. Die VolkswagenStiftung bewilligte zudem rund 1,3 Mio. Euro für Förderung junger Museumswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die alte Sammlungsbestände erforschen. Darunter sind Werke und Schriften des Konzeptkünstlers Marcel Duchamp (1887–1968), die in der Staatsgalerie Stuttgart lagern, und früharabische Dokumente des 7.-8. Jahrhunderts aus der Papyrussammlung der Universität Heidelberg. Eine Übersicht mit Kurzbeschreibungen aller aktuellen Förderentscheidungen finden Sie hier zum Download.

Hintergrund "Kunst auf Lager"

Dem Bündnis "Kunst auf Lager" gehören derzeit 14 private und öffentliche Einrichtungen an, die sich bereits seit Jahren für die Erschließung, Erforschung und Sicherung öffentlicher Sammlungen einsetzen und ihrem Engagement seit Februar 2014 eine gemeinsame Stimme geben. Durch die Aufarbeitung, Instandsetzung und wissenschaftlichen Erforschung wertvoller Objekte aus den Museumsdepots wird ihre Erst- oder Neu-Präsentation in Museen und auf Online-Portalen erst möglich. KUNST AUF LAGER möchte dieses Thema in die Öffentlichkeit tragen, weitere Förderer motivieren, sich dem Bündnis anzuschließen und Politik und Verwaltung davon überzeugen, Zeit und Geld in die nicht sichtbaren Fundamente der Museen zu investieren. Im dezentral organisierten Bündnis entscheiden die Stiftungen gemäß ihrer individuellen Förderrichtlinien und –fristen. Die Fördermaßnahmen richten sich an Kunstmuseen ebenso wie an Heimat- und volkskundliche, naturwissenschaftliche und technische Museen.

Förderprojekte der VolkswagenStiftung kurz vorgestellt (eine ausführliche Nachricht über die neuen Förderprojekte der VolkswagenStiftung finden Sie hier):

In deutschen Museumsmagazinen wie hier auf dem Dachboden des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg schlummern noch Schätze, die es zu erhalten und zu untersuchen gilt. (Foto: Martin Neumann für VolkswagenStiftung)
Staatsgalerie Stuttgart

Trotz seiner Popularität als Erfinder des Ready‐made und Begründer der Konzeptkunst wurden wesentliche Werke und Schriften Marcel Duchamps (1887‐1968) bislang nicht erschlossen. Die Stiftung unterstützt die Erforschung des unbearbeiteten Duchamp‐ Bestands in der Grafischen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart. Die seit Mitte der 1970er Jahre kontinuierlich erweiterte Kollektion zählte mit rund 300 Werken bereits zu einer der größten im deutschsprachigen Raums, bevor sie 1993 durch den Erwerb des "Serge Stauffer‐Archivs" um nochmals 500 Dokumente erweitert wurde. Eine Ausstellung und eine begleitende Publikation sollen das wissenschaftliche Vorhaben abrunden.

GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig

Am GRASSI Museum in Leipzig unterstützt die VolkswagenStiftung ein musikethnologisches Vorhaben. Die Wissenschaftlerin erforscht eine Sammlung aus 587 ostasiatischen Musikinstrumenten, vornehmlich aus China, Japan, Korea und der Mongolei – die meisten älter als zweihundert Jahre. Sie sind aus kostbaren Materialien gefertigt und vielfach mit Inschriften und kunstvollen Verzierungen versehen. Ziel ist es, diese wertvollen Kulturgegenstände wissenschaftlich zu erschließen, zu katalogisieren und zu digitalisieren und sie in einem nächsten Schritt historisch zu kontextualisieren. Im Besonderen interessiert sich die Forscherin für die Ursprünge und den jeweiligen Gebrauch dieser Musikinstrumente. Die Ergebnisse speisen eine Datenbank und münden in einer Publikation sowie einer Ausstellung.

An der Neuen Staatsgalerie Stuttgart widmet sich Dr. Susanne M. I. Kaufmann dem sogenannten Marcel Duchamp-Kabinett. (Foto: Staatsgalerie Stuttgart)
Papyrussammlung der Universität Heidelberg

Die Papyrussammlung der Universität Heidelberg umfasst mit rund 10.000 Objekten den zweitgrößten Bestand in Deutschland. In einem dort angesiedelten Forschungsprojekt werden Dokumente aus dem 7.‐8. Jahrhundert aus dem früharabischen Ägypten entziffert, übersetzt und mit einer ausführlichen historischen und linguistischen Kommentierung versehen. Ebenso soll die Erwerbs‐ und Sammlungsgeschichte der antiken Archive nachgezeichnet werden. Die Ergebnisse münden in eine Open‐access‐Datenbank, einen Editionsband über Heidelberger Papyri sowie eine Ausstellung über das Zusammenleben von Christen und Muslimen in früharabischer Zeit.

Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, München

Seit Jahren engagiert sich die VolkswagenStiftung mit der Ernst von Siemens Kunststiftung für das Forschungsprojekt Sammlungen erhalten, das die klimatische Wirkung der Temperierung auf Artefakte wie auch auf die Gebäude selbst analysiert und einen Leitfaden zu Einsatz, Auslegung und Betrieb der Temperierung erarbeitet. Die für die Präventive Konservierung gewonnenen Erkenntnisse werden qualifiziert und dauerhaft durch die Landesstelle weitergegeben. Die beteiligten Museen erhalten so wertvolle Informationen zum Betrieb ihrer Anlagen. Eine Abschlussveranstaltung stellt die Ergebnisse der Untersuchungen Ende 2015 der Öffentlichkeit vor.

Eine arabisch-griechische Steuervorschreibung aus dem frühen 8. Jh. (Foto: Copyright: Institut für Papyrologie, Universität Heidelberg)
Zentralmagazin Naturwissenschaftliche Sammlungen der Universität Halle‐Wittenberg

Lässt ein Blick in die Vergangenheit erkennen, wie Amphibien und Reptilien auf Klimaveränderungen reagiert haben – und wie sie in Zukunft reagieren könnten? Dieser Frage geht ein Projekt am Zentralmagazin Naturwissenschaftliche Sammlungen der Universität Halle‐Wittenberg nach. Hier erforscht ein Wissenschaftler über 10.000 Fundstücke aus dem in Sachsen‐Anhalt gelegenen Geiseltal, die in den Zeitraum des "warmen Mittleren Eozäns" vor etwa 45 Mio. Jahre datieren. Sie sollen nach neuesten wissenschaftlichen Methoden beschrieben, möglichst exakt altersbestimmt, untersucht, katalogisiert, in einer Datenbank erfasst und anschließend ausgewertet werden. Die Ergebnisse fließen in eine Schau zum Thema "Biodiversität des Mittleren Eozäns in einem sich wandelnden Klima" ein, die Teil der geplanten Dauerausstellung im Hause wird. Zudem sind fünf Publikationen geplant.

Dr. Alexander Hastings am Zentralmagazin Naturwissenschaftliche Sammlungen der Universität Halle-Wittenberg (Foto: Universität Halle-Wittenberg / Markus Scholz)
Hessisches Landesmuseum Darmstadt

Ein naturwissenschaftliches Forschungsprojekt am Hessischen Landesmuseum Darmstadt wird anhand zahlreicher Sammlungsbestände von Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter anderem der Frage nachgehen, was die Ausbildung der Morphologie von Kaulquappen bedingt. Die Untersuchung dieser Tiere im Larvenstadium liefert interessante Erkenntnisse über die Anpassung der Lebewesen an die Ökologie ihres Lebensraumes. Ziel ist es, eine umfangreiche "Kaulquappendatenbank" zu erstellen, die um Literaturdaten ergänzt werden soll. Diese Online‐Bestandsschau soll weltweit die Forschung auf diesem Gebiet beflügeln.