Auf einem Chip: Erfolg auf dem Weg zum optischen Quantencomputer

Forscher sind bei der Entwicklung optischer Quantenrechner einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Sie haben einen vollständigen quantenoptischen Aufbau auf einem Chip platziert, der sich zudem skalieren (also miniaturisieren) lässt.

Abhörsichere Datenverschlüsselung, ultraschnelle Berechnung riesiger Datenmengen oder sogenannte Quantensimulation hochkomplexer Systeme – die Möglichkeiten, die sog. optische Quantenrechner in Zukunft nicht nur für die Wissenschaft bieten können, sind vielfältig. Noch sind Forscher(innen) jedoch damit beschäftigt, grundsätzliche Hindernisse bei der Entwicklung aus dem Weg zu räumen: Beispielsweise nehmen die Versuchsaufbauten für die Untersuchung der Anwendbarkeit der Computertechnologie von morgen heute oft noch ganze Laborräume in Anspruch. Prof. Dr. Ralph Krupke vom Karlsruher Institut für Technologie hat nun gemeinsam mit Kolleg(inn)en aus Deutschland, Polen und Russland  eine Methode entwickelt, die Technik auf kleinstem Raum, d. h. auf einem einzelnen Chip unterzubringen. So soll sie künftig sinnvoll nutzbar werden. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie hat jetzt die Fachzeitschrift "Nature Photonics" veröffentlicht. Die VolkswagenStiftung unterstützt Ralph Krupke bei seiner Arbeit im Rahmen der Förderinitiative "Integration molekularer Komponenten in funktionale makroskopische Systeme".

Die Schwierigkeit, die die Forscher in ihrem Projekt zunächst überwinden mussten war, dass bislang Lasersysteme als Lichtquelle für quantenphotonische Schaltkreise zum Einsatz kommen. Sie dienen dazu, spezielle Nanoröhren aus Kohlenstoff optisch anzuregen.  Die Nanoröhren haben einen hunderttausendmal kleineren Durchmesser als ein menschliches Haar und geben bei Anregung durch Laserlicht einzelne Lichtteilchen ab. Lichtteilchen, also Photonen, werden auch Lichtquanten genannt – daher stammt der Begriff der "Quantenphotonik". Die Eigenschaft der Kohlenstoff-Röhrchen, einzelne Photonen abgeben zu können, prädestiniert sie dazu, als miniaturisierte Lichtquelle für optische Quantenrechner zu fungieren. Die notwendige Lasertechnik war jedoch der limitierende Faktor auf dem Weg zu einem skalierbaren Chip. Diese Skalierbarkeit, also die Möglichkeit, Bauteile zu miniaturisieren, um auch die Stückzahl erhöhen zu können, ist jedoch Voraussetzung, um die Technik für leistungsfähige Computer bis hin zum optischen Quantencomputer einzusetzen.

Auf dem nun entwickelten Chip werden jedoch alle Elemente elektrisch – und nicht mehr per Laserlicht  – angesteuert: Die Forscher konnten zeigen, dass auch die elektrische Anregung, also fließender Strom,  Kohlenstoff-Nanoröhrchen dazu bringt, einzelne Photonen abzugeben. Das macht den Einsatz von  zusätzlichen Lasersystemen unnötig, was ein deutlicher Vorteil gegenüber der gewöhnlich genutzten optischen Anregung ist. Damit ist ein wichtiger Schritt hin zu einem skalierbaren Chip getan, auf dem Einzelphotonen-Quelle, supraleitende Nanodrähte als Detektoren und nanophotonische Wellenleiter kombiniert sind. Damit haben die Wissenschaftler(innen) eine Voraussetzung geschaffen, um photonische Schaltkreise für optische Quantencomputer nutzbar machen zu können.

Informationen zur Publikation

Khasminskaya S. et al. (2016): Fully integrated quantum photonic circuit with an electrically driven light source. Nature Photonics; DOI 10.1038/nphoton.2016.178

Hintergrund der Förderinitiative

Die Stiftung nimmt mit dem Förderangebot "Integration molekularer Komponenten in funktionale makroskopische Systeme" die gesamte Forschungskette in den Blick: Sie reicht von der Herstellung der winzigen Bausteine über deren Integration in größere Systeme, von der Kontrollierbarkeit und Manipulation über den Funktionsnachweis bis hin zur Herstellung von Prototypen eines Gerätes oder Bauelements. Mindestens zwei dieser Schritte sollten die geförderten Vorhaben integrieren. Das Förderangebot geht damit bewusst einen Schritt weg von der reinen Grundlagenforschung. Sie richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen: von der Chemie über die Physik bis hin zur Biologie, außerdem die Ingenieurwissenschaften und mitunter auch die Medizin. Integrative Projekte – auch mit ausländischen Kooperationspartnern – werden ebenso unterstützt wie herausragende einzelne Arbeitsgruppen. Die Förderinitiative wurde im Jahr 2007 eingerichtet.

Kohlenstoff-Röhrchen (Mitte) als Photonen-Quelle und supraleitende Nanodrähte als Empfänger bilden einen Teil des optischen Chips. (Bild: Wolfram Pernice / Westfälischen Wilhelms-Universität Münster)