Opus Primum 2013 geht an Historiker aus Jena
Daniel Stahl gewinnt mit seinem Buch "Nazi-Jagd" den mit 10.000 Euro dotierten Förderpreis der VolkswagenStiftung für seine Darstellung der NS-Verbrecherjagd in Südamerika.
Zu den größten Skandalen der Nachkriegsgeschichte zählt, dass dutzende NS-Verbrecher ins Ausland geflohen und dort – wenn überhaupt – unzureichend strafrechtlich verfolgt wurden. Nur ein kleiner Teil wurde tatsächlich zur Verantwortung gezogen. In "Nazi-Jagd" geht Daniel Stahl dieses brisante Thema an, das vor allem die jüngere deutsche und südamerikanische Geschichte betrifft. Seine Recherche in deutschen und südamerikanischen Archiven hat zutage gefördert, dass es in vielen Behörden eklatante Versäumnisse bei der Verfolgung von NS-Verbrechern gab. Seien es Polizei, Justiz, Verwaltung oder gar Regierung – sie alle haben nach den Erkenntnissen von Daniel Stahl einen Beitrag dazu geleistet, dass neben Josef Mengele, Gustav Wagner, Walther Rauff und Frank Stangl noch weitere NS-Täter – darunter auch der jüngst in Italien verstorbene Erich Priebke – unbehelligt im Ausland leben konnten. Diese Feststellungen des Historikers spiegeln sich in der Begründung der Jury für seine Auszeichnung wider: "Die Stärke des Autors liegt in der hohen inhaltlichen und stilistischen Souveränität, mit der er die unterschiedlichen Motive der über Generationen hinweg andauernden Ermittlungen zur Ahndung von NS-Verbrechen herausarbeitet. Die Darstellung sowohl der wechselnden Interessenlagen als auch der Kontinuitäten von Funktionen und Funktionsträgern ist mit detailreichen Quellen unterfüttert." Das Buch wurde aus über 50 Einreichungen ausgewählt.
Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, stellt die Bedeutung des Preises heraus: "In vielfältigen Förderinitiativen unterstützt die VolkswagenStiftung den wissenschaftlichen Nachwuchs. Mit der Auszeichnung eines herausragenden Frühwerkes junger Forscherinnen und Forscher können Glanzlichter gesetzt werden. Die Arbeiten können so auch das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit wecken." Die Preisverleihung findet am Donnerstag, dem 7. November, im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen in Hannover statt. In diesem Rahmen nimmt Daniel Stahl den Opus Primum Förderpreis entgegen. Während der Veranstaltung wird auch der mit 15.000 Euro dotierte NDR Kultur Sachbuchpreis vergeben. Er geht an Ronald Reng für sein Buch "Spieltage. Die andere Geschichte der Bundesliga". NDR Kultur überträgt die Preisverleihung live ab 19.00 Uhr.
Informationen zum Preisträger von Opus Primum
Daniel Stahl wurde 1981 in Paraguay geboren. Er ist dort in einer Siedlung aufgewachsen, die von russlanddeutschen Mennoniten gegründet worden war. Nach seinem Schulabschluss hat er zunächst Geschichte in Asunción studiert, kam 2003 jedoch zum weiteren Studium nach Deutschland. Von 2009 bis 2011 war Stahl Stipendiat der Gerda Henkel Stiftung und wurde 2012 an der Universität Jena promoviert; seine Dissertation trägt den Titel "Nazijagd. Die justizflüchtigen NS-Täter in Südamerika und die Auseinandersetzung mit staatlichen Gewaltverbrechen seit 1945". Seit 2012 arbeitet Stahl an der Universität Jena als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Literaturangabe
"Nazi-Jagd. Südamerikas Diktaturen und die Ahndung von NS-Verbrechen" ist 2013 innerhalb der Reihe "Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts" im Wallstein Verlag (Göttingen) erschienen. Es umfasst 430 Seiten und kostet 34,90 Euro (D).
Förderpreis Opus Primum
Weitere Informationen zum Förderpreis der VolkswagenStiftung finden Sie unter Opus Primum.