Beste Perspektiven für die Doktorandenausbildung in Georgien, Armenien, Usbekistan und Kasachstan
Promovierende an sechs Universitäten in Mittelasien und dem Kaukasus haben Grund zur Freude: Neu entwickelte Doktorandenprogramme bieten ihnen für Ausbildung und Karriere beste Perspektiven. Nachdem die VolkswagenStiftung in ihrer regionsbezogenen Initiative über lange Jahre hinweg vor allem kooperative Forschungsprojekte unterstützt hat, fördert sie jetzt im Zusammenwirken mit Institutionen vor Ort besondere strukturelle Maßnahmen. Diese sollen der langfristigen Kapazitätenentwicklung in der Wissenschaft dienen. Allein für die sechs Doktorandenprogramme hat die Stiftung nun rund 4,1 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.
In Tiflis, Jerewan, Samarkand und Astana entstehen derzeit sechs strukturierte Doktorandenprogramme in einem breiten Fächerspektrum, darunter auch Mathematik, Physik, Agrar- und Kulturwissenschaften. Dabei profitieren die betreffenden Hochschulen sehr von der Expertise ihrer deutschen Kooperationspartner, zu denen u. a. die Universitäten in Göttingen, Kassel, Bonn, Berlin (HU) sowie Einrichtungen wie das IAMO in Halle zählen. Die deutschen Institutionen unterstützen jeweils die Entwicklung eines abgestimmten Systems von Betreuung, Forschung und Ausbildung gemäß internationalen Standards und bieten den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler darüber hinaus Optionen für Austausch und Netzwerkbildung. Der Eigenanteil der Universitäten im Kaukasus und Mittelasien beläuft sich auf insgesamt 2,45 Mio. Euro, wobei die Shota Rustaveli National Science Foundation in Tbilisi die vier georgischen Vorhaben mit jeweils rund 270.000 Euro unterstützt.
Kurzbeschreibung der sechs Doktorandenprogramme (Kooperationspartnerinnen und -partner jeweils am Ende des Abschnitts):
1) An der Agricultural University of Georgia, Tbilisi/Georgien: "Sustainable Agricultural and Food Systems (SAFS)"
Das auf nachhaltige Agrar-und Ernährungssysteme ausgerichtete Doktorandenprogramm ist zunächst für zehn georgische und eine deutsche Promovierende/einen deutschen Promovierenden offen. Durch inter- und transdisziplinäre Forschung werden die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit erfahrenen vernetzt, um komplexe und miteinander verknüpfte Themen der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme in Georgien und der Region Süd-Kaukasus zu bearbeiten.
Prof. Dr. Angelika Ploeger, Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, mit Prof. Dr. Teo Urushadze, Agricultural University of Georgia, School of Agriculture and Natural Sciences
2) An der Ivane Javakhishvili Tbilisi State University, Tbilisi/Georgien: "Internationales Doktorandenprogramm Mathematik"
Das Promotionsprogramm in Mathematik, das Themen aus den Bereichen algebraische Topologie und homologe Algebra, mathematische Analysis, Stochastik und Finanzmathematik aufgreift, soll im Frühjahr 2018 starten. Seine Regeln und Verfahren basieren auf denen an der Universität Göttingen, wodurch sie mit internationalen Standards kompatibel sind und binationale Promotionsverfahren ermöglichen. Die Unterrichtssprache ist durchgehend Englisch, das Studienprogramm enthält flexible Module für Forschung, Studium, Schlüsselkompetenzen, und die Betreuung der Studierenden übernehmen gemischte Betreuungsausschüsse. An dem Programm sollen sich eine deutsche/ein deutscher und zehn georgische Promovierende beteiligen, deren günstige wissenschaftliche Karriereaussichten in Georgien dadurch noch verbessert werden.
Prof. Dr. Ralf Meyer, Universität Göttingen, Mathematisches Institut, mit Prof. Dr. Ramaz Botchorishvili, Ivane Javakhishvili Tbilisi State University, Faculty of Exact and Natural Sciences
3) An der Ivane Javakhishvili Tbilisi State University, Tbilisi/Georgien und der Yerevan State University, Jerewan/Armenien: "Theoretical and Experimental Particle Physics"
Das geplante gemeinsame strukturierte Promotionsprogramm in theoretischer und experimenteller Teilchenphysik in Georgien und Armenien wird zunächst zwei deutschen, fünf armenischen und fünf georgischen Doktorandinnen und Doktoranden offenstehen. Ein hohes Niveau der Ausbildung ist die Voraussetzung für einen fruchtbaren Austausch zwischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus diesen Ländern und Deutschland und soll auch der ungebremsten Abwanderung erfolgreicher und ambitionierter Forscherinnen und Forscher entgegenwirken. Mittelfristig wird erwartet, dass auch Studierende aus Nachbarländern von dem Angebot angezogen werden und davon profitieren.
Prof. Dr. Ulf Meißner, Priv.-Doz. Dr. Akaki Rusetsky, Universität Bonn, Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik, und Prof. Dr. Thomas Mannel, Universität Siegen, Department Physik, und Dr. Andro Katcharava, Forschungszentrum Jülich, Institut für Kernphysik, mit Dr. Mirian Tabidze, Ivane Javakhishvili Tbilisi State University, Physics Department, und Prof. Dr. Armen Nersessian, Yerevan State University, Jerewan/Armenien, Theoretical Physics Department
4) An der Ilia State University, Tbilisi/Georgien: "Structured Education – Quality Assurance – Freedom to Think"
Ziel ist eine substanzielle und nachhaltige Verbesserung der Doktorandenausbildung in Georgien. In einem ersten Schritt werden für zwölf Wissenschaftsfelder (Allgemeine Linguistik, Sprache und Sprachveränderung, osteuropäische Geschichte, Religions- und Kulturstudien, politische Wissenschaft, Astrophysik, Kosmologie, Geophysik, chemische Biologie, Waldökologie, Entwicklungsökonomie, Konstitutionalismus) die bestqualifizierten Doktorandinnen und Doktoranden identifiziert und durch beide teilnehmende Hochschulen (Ilia State University und Universität Göttingen) intensiv betreut. Im zweiten Schritt wird an der ISU eine International Doctoral School aufgebaut. Diese soll die eingeführten Strukturen und Angebote festigen und sich bis 2022 als Dachorganisation für alle Doktorandinnen und Doktoranden der Ilia State University etablieren – und darüber hinaus als Vorbild für eine moderne und transparente Doktorandenausbildung dienen.
Prof. Dr. Ulrike Beisiegel, Präsidentin, Universität Göttingen, mit Prof. Dr. Giga Zedania, Rektor, Ilia State University, Tbilisi/Georgien
5) Am Samarkand Agricultural Institute, Samarkand/Usbekistan: "Sustainable Agricultural Development in Central Asia"
Die Restrukturierung der landwirtschaftlichen Boden- und Wassernutzung ist in den Ländern Zentralasiens von hoher Relevanz. Vor diesem Hintergrund soll die an der Agraruniversität Samarkand geplante Graduiertenschule zehn Doktorandinnen und Doktoranden die wissenschaftliche Forschung im Bereich der nachhaltigen Agrarentwicklung ermöglichen, bei der wirtschaftliche, soziale ebenso wie ökologische Aspekte Berücksichtigung finden. Es stehen fünf übergeordnete Themen im Zentrum: Umstrukturierung der Agrarbetriebe und Agrarbeziehungen, landwirtschaftliche Innovationen und Technologie, Agrarpolitik, Wandel der natürlichen Umwelt und Landwirtschaft sowie Wasser-Governance.
Prof. Dr. Michael Petrick, Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), Halle/Saale, Abt. Rahmenbedingungen des Agrarsektors und Politikanalyse, mit Dr. Shavkat Hasanov, Samarkand Agricultural Institute, Samarkand/Usbekistan, Dept. Agricultural Economics and Marketing
6) An der Nazarbayev University, Astana/Kasachstan: "Eurasian Studies and Beyond"
Das Doktorandenprogramm in "Eurasian Studies" ist das erste geistes- und sozialwissenschaftlich ausgerichtete Promotionsprogramm in Zentralasien. Sein Lehrprogramm soll den Studierenden ein breites Wissen in Eurasischen Studien, eine solide Grundlage an Theorien und Methoden zweier Disziplinen und ein vertieftes Verständnis für interdisziplinäres Arbeiten vermitteln. Insgesamt werden zehn Doktorandinnen und Doktoranden in zwei Kohorten an der Nazarbayev-Universität in Kasachstan promovieren. Ihre Ausbildung wird Kurse in je einer Hauptdisziplin (Soziologie, Anthropologie, Geschichte, Linguistik, Literaturwissenschaft oder Turkologie) sowie einer zweiten Disziplin mit Bezug zu Eurasien (Philosophie, Religion, Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen, Erziehungswissenschaft, Sprach- oder Kulturwissenschaft) beinhalten.
Prof. Dr. Ingeborg Baldauf, Prof. Dr. Manja Stephan-Emmrich, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, mit Prof. Dr. Uli Schamiloglu, Nazarbayev University, Astana/Kasachstan, School of Humanities and Social Sciences, Dept. Kazakh Language and Turkic Studies