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Die Gesellschaft positiv verändern: 28 Mio. Euro für transformative Forschungsprojekte

Illustration mit zwei Personen, eine hält einen Bauplan, die andere überklebt eine Litfasssäule

Für eine lebenswerte Gesellschaft sind positive Veränderungen nötig. Die Stiftung fördert mit "Change!" 17 Projekte mit 28 Mio. Euro, die Forschung und Praxiswissen verbinden – von Bildungsgerechtigkeit über Küstenforschung bis hin zu KI in der Strafverfolgung.

Wenn es darum geht, Missstände in der Gesellschaft aufzudecken und zu beheben, spielt Wissenschaft eine wichtige Rolle. Die VolkswagenStiftung bringt in ihrer Förderinitiative "Change! Fellowships and Research Groups" jetzt Forschende mit außerwissenschaftlichen Partner:innen wie NGOs, Netzwerken aus der Zivilgesellschaft, Behörden oder auch kleinen Unternehmen zusammen, um Ursachen von Problemen besser zu identifizieren und praxisnahe Auswege aufzuzeigen. Die Forschenden aus den Natur- und Lebenswissenschaften sowie aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und ihre Praxispartner:innen sollen zu "Agents of Change" werden und Impulse für Fortschritt und Verbesserungen geben.

Das Kuratorium der Stiftung hat in seiner jüngsten Sitzung erstmals Bewilligungen in der Initiative ausgesprochen: 11 Forschende in einer frühen Karrierestufe erhalten gemeinsam mit ihren Praxispartner:innen Mittel in Höhe von insgesamt rd. 19,7 Mio. Euro; etablierte Forschende erhalten für sechs "Research Groups" – ebenfalls gemeinsam mit ihren Praxispartner:innen – Mittel in Höhe von rd. 7,9 Mio. Euro. Fünf Projekte, unter anderem aus München, Kiel, Bayreuth und Münster, stellen wir im Folgenden kurz vor:

MARS Mentoring for Disadvantaged Adolescents at Real Scale (Dr. Henning Hermes, ifo Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München; Stefan Schabernak, ROCK YOUR LIFE!, München; rd. 1,8 Mio. Euro)

Der Fachkräftemangel ist eine zentrale Herausforderung für den deutschen Arbeitsmarkt – 18 Prozent der jungen Erwachsenen haben keinerlei Berufsabschluss, bei solchen aus benachteiligten Milieus ist dieser Anteil bis zu doppelt so hoch. Um diese Situation zu verbessern, gelten Individuelle Mentoring-Programme als eine vielversprechende Chance. Die Forschenden wollen in diesem Projekt erörtern, wie sich Mentoring-Programme erfolgreich skalieren lassen, um so das Bildungssystem in Deutschland zu transformieren und soziale Chancengleichheit zu fördern. Dazu kooperiert das Forschungsteam mit einem Mentoring-Anbieter und führt eine randomisiert-kontrollierte Studie mit 3.000 benachteiligten Jugendlichen durch, um zu analysieren, welche Effekte das Mentoring hat. Neben Veröffentlichungen will das Team unter anderem die Industrie- und Handelskammern sowie politische Stakeholder:innen über die empfohlenen Maßnahmen informieren.

"Agent of Change" werden

Kriege, Klimakrise, Krise der Demokratie – die Nachrichten sind derzeit voll mit negativen Entwicklungen. Was ist nötig, um solchen Tendenzen entgegenzuwirken? Die Initiative "Change! Fellowships and Research Groups" soll gesellschaftlichen Wandel durch Erkenntnisse transdisziplinärer Forschung ermöglichen. Was müssen Wissenschaftler:innen bei der Antragstellung beachten? Annabella Hüfler-Fick und Mona Weyrauch geben Auskunft.

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RECOAST-VISION – Reimagining Coastal Flood Adaptation for Tomorrow's Baltic Sea Coast: Visionary Strategies for Transformative Coastal Adaptation (Dr. Claudia Wolff, Universität Kiel; Kaija Jumppanen Andersen, Danish Coastal Authority, Lemvig, Dänemark; rd. 1,8 Mio. Euro)

Sturmfluten werden immer häufiger und richten große Schäden an – zuletzt kam es im Herbst 2023 an der Ostsee zu ausgedehnten Überschwemmungen und Deichbrüchen. Die Forschenden aus Kiel und Lemvig (Dänemark) wollen Lösungen zur Anpassung der deutschen und dänischen Ostseeküste entwickeln, damit diese bei künftigen Gefahren besser bestehen können. In einem "Living Lab"-Ansatz werden sie Zukunftsszenarien für die Küsten entwickeln und visualisieren sowie Machbarkeit, Effektivität und Auswirkungen möglicher Maßnahmen beurteilen und gleichzeitig die Akzeptanz untersuchen. Das Team setzt sich aus Küstenforschenden, lokalen Behörden und weiteren lokalen Stakeholder:innen zusammen.

Bridging the Gap: Human-Centric Digital Transformation in Public Administration (Prof. Dr. Anna Maria Oberländer, Universität Bayreuth; Dr. Karolina Maronna-Aigner, byte – Bayerische Agentur für Digitales Digital Process Design & UX, München; rd. 1,6 Mio. Euro)

Die Digitalisierung deutscher Verwaltungen ist ein wichtiger gesellschaftlicher Transformationsprozess, dennoch schreitet sie nur langsam voran. Die Forschenden wollen die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung aus einer menschzentrierten Perspektive verstehen, fördern und gestalten, sodass die Kluft zwischen theoretischen Erkenntnissen und praktischer Anwendung überbrückt wird. Das wissenschaftliche Team wird dabei eng und praxisnah mit byte, der Bayerischen Agentur für Digitales, zusammenarbeiten. Sie fokussieren dabei auf co-kreative Entwicklung digitaler Innovationen. Der Projektpartner wird die Erkenntnisse für die digitale Verwaltung direkt umsetzen.

Personalization TrAIning in Medicine (PerTRAIN) Integrating State-of-the-Art Personalized Knowledge and Technologies into Medical Education (Prof. Dr. Mitja Back, Universität Münster; Prof. Dr. Bernhard Marschall, Universitätsklinikum Münster; Dr. Ulrich Burgbacher, tapdo technologies GmbH, Münster; rd. 1,4 Mio. Euro)

Was in der medizinischen Ausbildung nur unzureichend behandelt wird, ist im späteren Alltag essenziell für die Behandlung von Patient:innen: die adäquate Kommunikation mit den unterschiedlichen Patient:innenpersönlichkeiten. Das Projektteam will diese Lücke schließen, unter anderem durch die Integration von KI-Technologien zum Training der personalisierten Kommunikation in der medizinischen Ausbildung und Praxis. Die Forschenden wollen psychologisch aussagekräftige personalisierte Patient:innenmodelle entwickeln und diese in moderne Kommunikationstools implementieren und das Personalisierungstraining auf nationaler Ebene einführen. Letzteres geschieht bspw. durch die Integration der Erkenntnisse in Curricula, die Einführung von Online-Zertifikaten und landesweite Trainingskurse.

FAIRLEA – Fair AI Research for Law Enforcement Agencies: An interdisciplinary investigation in the context of cryptoasset forensics (Prof. Dr. Christian Rückert, Universität Bayreuth; Dr. Bernhard Haslhofer, Iknaio Cryptoasset Analytics GmbH, Wien, Österreich; rd. 1,3 Mio. Euro)

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Strafverfolgung bietet viele Chancen, aber auch viele Risiken, bspw. für die Freiheit der Gesellschaft und einzelner Betroffener, da sie von der KI diskriminiert und unschuldig verfolgt werden könnten. Aufgrund der Straftaten etwa mit Kryptowährungen wollen die Forschenden untersuchen, unter welchen Voraussetzungen ein rechtskonformer und ethisch vertretbarer Einsatz von KI zur Strafverfolgung möglich ist. Sie werden dazu eine KI entwickeln, die mit maschinellem Lernen solche Transaktionen verfolgt und zur De-Anonymisierung der Nutzer:innen führt. Die technische Expertise des außerwissenschaftlichen Partners ergänzt dabei das Knowhow aus den Rechtswissenschaften. Das Projektteam untersucht die Voraussetzungen auf Basis des europäischen und des deutschen Rechts bei der Entwicklung des KI-Tools.

Change! Fellowships

Mit dem Förderprogramm unterstützt die VolkswagenStiftung Wissenschaftler:innen, die zu Transformationsprozessen forschen und mithilfe ihres Netzwerks das Wissen auch in die Praxis bringen. Stichtag: 2. April 2025

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