Neue Förderprojekte: Sechs Museen erforschen ihre Sammlungen

In der Förderinitiative "Forschung in Museen" wurden rund 2,5 Millionen Euro für sechs kooperative Forschungsvorhaben von Museen und Hochschulen bewilligt.

Mit der Förderinitiative "Forschung in Museen" will die Stiftung insbesondere kleinen und mittleren Museen ermöglichen, langfristig wissenschaftlich fundierte Ausstellungen zu konzipieren, damit diese ihrem wissenschaftlichen Vermittlungsauftrag gerecht werden können. Von zentraler Bedeutung ist dabei die intensive Zusammenarbeit mit führenden Forschungseinrichtungen, nicht zuletzt aus Universitäten. Das Kuratorium der Stiftung hat in seiner Sitzung vom 27. März sechs Vorhaben bewilligt. Sie reichen von naturwissenschaftlichen Projekten über Meeressäugetiere bis hin zu der Untersuchung von Kommunikationsnetzwerken in der Bronzezeit. Dem Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim wurde ein Kooperationsprojekt mit der Ludwig-Maximilians-Universität München bewilligt. Hierin widmen sich die Projektpartnern der Aufarbeitung von bislang unveröffentlichten Objekten aus Hermopolis Magna, der Hauptstadt eines Verwaltungsbezirks im alten Ägypten, sowie von Funden aus dem zugehörigen Menschen- und Tierfriedhof. Ihre zentrale Frage lautet: Wie lässt sich die altägyptische Lehre von der Entstehung der Welt sowie die Theologie des Kultzentrums der Gottheit Thot mithilfe der archäologischen Fundstücke beschreiben? Die Forscher erhoffen sich darüber hinaus ein besseres Verständnis des altägyptischen Tierkults. Münden sollen die Projektergebnisse in einer Ausstellung in Hildesheim und Ägypten, unter anderem mit einer 3-D-Rekonstruktion einiger unterirdischer Kapellen für Ritualtiere. Das Braunschweigische Landesmuseum sowie die Universität Göttingen wollen befestigte Herrschaftssitze der Bronzezeit als Kommunikationsknotenpunkte untersuchen. Sie wollen Fundstücke einer Fundstätte im Kreis Helmstedt heranziehen, um diese europaweit vernetzten Lebenswelten zu analysieren und bronzezeitliche Siedlungen zu rekonstruieren. Das Ziel: Aufschluss erhalten über die Zusammensetzung der Bevölkerung, über den Verlauf von Kommunikationstrassen und die Formen regionaler und überregionaler Vernetzung. Damit sollen Rückschlüsse über den Umgang bronzezeitlicher Gesellschaften mit Fremden und Fremdem möglich werden. Schweinswale, Seehunde und Kegelrobben sind zunehmend gefährdet, z. B. durch Schadstoffe, Fischerei und globale Erwärmung. In einem Forschungsprojekt der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, weiteren deutschen Museen und Universitäten sowie kooperierenden Museen in Dänemark und Schweden sollen Parameter erstellt werden, um den Gesundheitszustand mariner Säugetiere über lange Zeit beschreiben zu können. Die Ergebnisse sollen u. a. in einer Wanderausstellung in den verschiedenen beteiligten Museen präsentiert werden. Das Projekt der Universität Bayreuth (Iwalewahaus) sowie dem Museum der Weltkulturen Frankfurt am Main basiert auf Sammlungen der afrikanischen Moderne, bestehend aus Gemälden, Skulpturen und Grafiken aus den frühen 1940er Jahren bis in die späten 1980er Jahre (schwerpunktmäßig aus Nigeria und Uganda). Die Forscher wollen der These nachgehen, dass verschiedene Narrationen der afrikanischen Kunstgeschichte in den Sammlungen eingebettet sind, nämlich einerseits die der Künstler(innen) und andererseits die der Sammler(innen) und wollen Aufschluss über die Rezeption afrikanischer Kunstgeschichte in Deutschland erhalten. Kernthema des Projekts des Historischen Museums Frankfurt am Main sowie der Universität Paderborn ist die interpretierende Kleidungsforschung, die sich mit Schnittformen, Nahtverläufen und Stoffen der Kleidung aus der Sammlung des Historischen Museums Frankfurt aus den Jahren 1850 bis 1930 befasst. Zum Beispiel reduzierten sich in den 1920er Jahren die Kleiderschichten der weiblichen Kleidung und der Körper – und die Beine wurden sichtbar. Anhand der Kleidung lassen sich also Rückschlüsse über Bewegungsspielräume und Bewegungsformen ziehen. Zudem bildet das Projekt eine Grundlage für neue Präsentationsformen von Textilien in Museen. Das Stadtmuseum Penzberg, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie die Bayerische Staatsgemäldesammlungen untersuchen die Technik der Hinterglasmalerei, also das rückwärtige Bemalen von Glas mit einem seitenverkehrt angelegten Bild. Sie ist vor allem aus der Volkskunst bekannt und wurde über lange Zeit von Forschern mit Unkenntnis, Missverständnis und teilweise Geringschätzung begegnet – dabei war sie keineswegs nur ein Randphänomen. Die Künstler des "Blauen Reiters" haben sie Anfang des 20. Jahrhunderts aufgegriffen, danach verbreitete sie sich weiter. In dem Projekt werden Hinterglasbilder interdisziplinär untersucht. Weitere Informationen zu der Förderinitiative finden Sie unter "Forschung in Museen"
Am 15. Juli 2015 folgt der nächste Stichtag für Förderanträge in dieser Initiative.

Das Vorhaben von Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und LMU München befasst sich mit Objekten aus dem antiken Hermopolis Magna (Tuna el-Gebel, Mittelägypten) wie diesem Relief aus der Kultkapelle Ptolemaios' I (Kalkstein, bemalt. Ptolemäerzeit, um 295 v. Chr. Pelizaeus-Museum, Inv.-Nr. PM 1883). (Foto: Sh. Shalchi, Roemer- und Pelizaeus-Museum)